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Susanna im Bade - od. Susanna und die beiden Alten

(AT Daniel 13, 1-64)

Plauen, Vincent Weber ?, vor 1927
Entstanden bei Friese und Lange in Plauen
Bezeichnet »ENTW: WEBER / AUSF: FRIESE u. LANGE« (Glasmalerei-Werkstatt in Plauen 1906-2006)

158 × 116,5 cm (inkl. orig. Holzrahmen)
Polychrome, farbintensive Hütten- und Überfanggläser, mit Schwarzlot in verschiedenen Techniken bemalt, Silbergelb, Bleinnetz kleinteilig

Privatsammlung Chicago

Dokumentation

Die alttestamentliche Geschichte erzählt von einem reichen Mann namens Jojakim in Babylon, der mit Susanna, einer schönen und frommen Frau, verheiratet war. In dem Haus verkehrten auch zwei hoch angesehene, alte Richter, die Susanna begehrten. Sie lauerten ihr eines Tages im Garten auf, als sie ein Bad nehmen wollte, bedrängten sie und wollten sie zwingen, mit ihnen zu schlafen, indem sie ihr drohten, sie wegen Ehebruchs mit einem jungen Mann anzuklagen, im Falle sie sich verweigere. Vor die Wahl gestellt, ehebrecherisch zu leben oder tugendhaft zu sterben, bleibt Susanna standhaft und entscheidet sich für Tugend und Tod. Sie wird verhaftet, vor Gericht gestellt und zum Tode verurteilt. Kurz bevor das Urteil vollstreckt werden soll, hat Daniel eine göttliche Eingebung und verhört die beiden Richter einzeln. Auf die Frage nach dem Ort der Tat, geben sie unterschiedliche Antworten und so werden sie entlarvt. Susanna kommt frei und die beiden Richter ihres falschen Eides wegen getötet.

Susanna sitzt hier zu Tode erschrocken auf dem Brunnenrand und hält sich Arme und Hände schamhaft vor die Brust. Die beiden Alten schauen mit gierigen Augen und drohendem Finger auf die blonde Frau, die sie gefügig machen wollen.  
Das Fenster verweist in seiner Farbigkeit und den kaleidoskopartig angeordneten geometrischen Formen (Dreiecke, Kreise und Rechtecke) auf Adolf Hölzel (1853-1934) und die Stuttgarter Schule. Ebenso sind motivische Verbindungen zum malerischen Werk einzelner Künstler am Bauhaus in Weimar zu beobachten. Als Entwerfer denkbar ist Vincent Weber (1902-1990) , der Schüler Hölzels. Dieser hatte den Jungen „mit den glücklichen Augen“ bereits im Alter von zehn Jahren in Mondschau entdeckt und fortan unter seine Fittiche genommen. Auf seinen Rat hin nahm er als 18jähriger das Studium am Bauhaus in Weimar auf (1920-1924). Weber begleitete Hölzel bis zu dessen Tod 1934, dem Jahr, in dem er für 6 Jahre als Lehrer an die Kunstgewerbeschule nach Stettin ging. In der Literatur sind zahlreiche Hinweise auf die Zusammenarbeit zwischen Hölzel und seinem Schüler belegt, wie zum Beispiel auch bei der Umsetzung der Stuttgarter Rathausfenster 1928/29. Während Hölzel jedoch weitgehend auf eine Bemalung der Gläser verzichtet, zeigt sich das Fenster mit Susanna im Bade in der traditionellen Glasmalereitechnik der 1920er und 30er Jahre.

Aufgrund der zeitlichen Begrenzung der Werkstattbezeichnung „Friese und Lange“ bis 1926/27, dürfte das Fenster in der Zeit von 1924-25 entstanden sein, als Weber Meisterschüler bei Hölzel in Stuttgart war, gleichzeitig Mitglied der Novembergruppe in Berlin mit eigenem Atelier, und der Rheinischen Sezession in Düsseldorf. 

Das Thema der Susanna ist in der Malerei seit der Renaissance immer wieder aufgegriffen worden. Die bekanntesten Gemälde stammen von Lorenzo Lotto (1517), Albrecht Altdorfer (1526), Jacopo Tintoretto (1555/56), Peter Paul Rubens (1607), Artemisia Gentileschi (1610), Anthonis van Dyck (um 1621), Rembrandt van Rijn (1647) und Arnold Böcklin (1888).

Neben der Zuschreibung des Fensterentwurfs an den Schüler Adolf Hölzels, könnte auch der deutsche Karrikaturist Andreas Paul Weber (1893-1980)  in Betracht gezogen werden.
Die Qualität des Entwurfs und die Auswahl der Gläser weisen auf einen Künstler, der auf dem Gebiet der Glasmalerei erfahren und daher bekannt gewesen sein muss. Vielleicht erfolgte die Reduzierung der Künstlerbezeichnung auf einen häufig vorkommenden Nachnamen (Weber) auch absichtlich, um die Identität des Künstlers zu erschweren? Üblich ist, wenigstens die Initiale des Vornamens zu setzen.

Der Ursprung des Glasfensters in Plauen lässt auf einen dort ansässigen Auftraggeber schliessen.

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Biografie Vincent Weber

Glasfenster, Glasmalerei, Adolf Hölzel, Vincent Weber, Andreas Paul Weber